Politik

Die EU und der Welthandel – Kooperation und Konkurrenz

Seit jeher setzt sich die Europäische Union für einen freien Welthandel ein. Denn die EU ist eine der am stärksten nach außen orientierten Volkswirtschaften der Welt. Außerdem ist sie der weltweit größte Binnenmarkt. Der freie Handel zwischen ihren Mitgliedstaaten war eines der Grundprinzipien beim Aufbau der EU, und die weitere Öffnung des Welthandels bleibt ein wichtiges Ziel der Union.

Eine wichtige Besonderheit: Die Handelspolitik der EU-Länder fällt in die Zuständigkeit der Union, die für ihre Mitglieder Abkommen mit Drittstaaten aushandelt. Die EU spricht dabei mit einer Stimme und hat so bei internationalen Handelsgesprächen mehr Gewicht als die einzelnen Mitgliedstaaten.

Sie ist der zweitgrößte Exporteur wie auch Importeur von Waren in der Welt, wobei nur China mehr Waren exportiert und die USA mehr importieren. Zudem ist die EU führend in der Welt in Bezug auf den Handel mit Dienstleistungen. China und die USA sind die mächtigsten Konkurrenten der Europäischen Union.

Schwerpunkt Indopazifik

Im Ringen um Wachstumschancen und mehr internationalen Einfluss rückt derzeit die Kooperation mit Staaten im indopazifischen Raum in den Vordergrund. Gerade in diesem Teil der Welt ist die Konkurrenz zu China besonders ausgeprägt. „Von der Ostküste Afrikas bis hin zu den pazifischen Inselstaaten“ gewinne die Region in wirtschaftlicher, demografischer und politischer Hinsicht immer mehr an Bedeutung, sagte Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen im September 2021 bei der Vorstellung der neuen Strategie. Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell erklärte vorsichtshalber, dass die Strategie nicht als Konfrontation mit China verstanden werden sollte. Es gehe um Kooperationen mit gleichgesinnten Staaten.

Konkret umfasst die Strategie den Abschluss der Handelsverhandlungen mit Australien, Indonesien und Neuseeland sowie eine Wiederaufnahme von Verhandlungen mit Indien. Auch grüne Allianzen und Partnerschaften zur Bekämpfung des Klimawandels und der Umweltzerstörung sollen dabei helfen, nachhaltige globale Wertschöpfungsketten aufzubauen, die mit den Werten und Grundsätzen der EU im Einklang stehen.

Ebenfalls enthalten ist dem Strategiepapier zufolge die Idee, „zum Schutz der Kommunikationswege und der Freiheit der Schifffahrt“ verstärkt europäische Kriegsschiffe in die Region zu schicken und Partner vor Ort militärisch zu unterstützen. Vor allem dieser Punkt könnte von China als Provokation aufgefasst werden, da das Land im Südchinesische Meer mit einer ganzen Reihe seiner Nachbarn um Territorien streitet.

Machtkampf mit China – aber nicht nur

Der wachsende Einfluss Chinas in ärmeren Ländern bereitet der EU Sorgen. Deshalb will sie sich mit Milliarden-Investitionen in die Infrastruktur von Schwellen- und Entwicklungsländern mehr globalen Einfluss sichern. Wie Kommissionspräsidentin von der Leyen Anfang Dezember in Brüssel mitteilte, sollen über die neue Initiative namens Global Gateway in den kommenden sechs Jahren bis zu 300 Milliarden Euro zur Verfügung stehen.

Geplant sind beispielsweise Projekte zur Energieerzeugung mit klimaneutralem Wasserstoff in Afrika und eine neue Unterwasserkabelverbindung zum Datentransport zwischen der EU und Lateinamerika.

Hintergrund ist die chinesische Initiative für die „Neue Seidenstraße“, mit der Peking international massiv in Infrastrukturprojekte investiert. Staaten wie Deutschland dringen deshalb bereits seit längerem auf ein stärkeres EU-Engagement in diesem Bereich. Kritiker der bereits 2013 gestarteten „Neuen Seidenstraße“ warnen arme Länder regelmäßig vor einer Schuldenfalle, politischer Abhängigkeit und mangelndem Umweltschutz.

Weltweit setzt die Europäische Union auf den freien Handel. Nicht überall jedoch funktioniert das Prinzip. So hat die EU zwar mit fast 80 Ländern Handelsabkommen geschlossen, gescheitert sind entsprechende Abkommen allerdings unter anderem mit den USA und unlängst mit der Schweiz. Das umstrittene TTIP-Abkommen mit Washington liegt seit 2016 auf Eis. Ein umfassenderes Rahmenabkommen mit der Schweiz ist 2021 gescheitert.

Aber auch in komplizierten Lagen wird weiter verhandelt: Nach den jüngsten Verstimmungen in der transatlantischen Partnerschaft kam es im September 2021 zur ersten Sitzung eines neuen europäisch-amerikanischen Handels- und Technologierates. „Der heutige Tag markiert ein neues Kapitel in unseren Beziehungen“, schrieb EU-Vizekommissionspräsident Valdis Dombrovskis nach den Gesprächen in Pittsburgh. Beide Seiten hätten vereinbart, gemeinsam Standards und Regeln zu entwickeln, um Unternehmen, Arbeitnehmer und Verbraucher im 21. Jahrhundert zu unterstützen.

Das Treffen folgte auf zuletzt heftige Spannungen zwischen den USA und Europa. Hintergrund ist ein neuer Sicherheitspakt für den Indopazifik-Raum, den Washington hinter dem Rücken der EU mit Großbritannien und Australien aushandelte. China ist eben nicht der einzige Konkurrent, den die EU weltweit hat.

hfs/re/ots/dpa/tt

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