Zusätzliches Potenzial, Kommentar zur Deutschen Börse von Christopher Kalbhenn
Mit einem Minus der Aktie von 1,1 Prozent haben die Marktteilnehmer am Donnerstag nicht gerade euphorisch auf die Jahreszahlen und den Ausblick der Deutsche Börse reagiert. Dabei war das, was der Marktbetreiber auftischte, durchaus mehr als solide. Der Grund des lauwarmen Echos am Aktienmarkt ist die Tatsache, dass die Zahlen die Markterwartungen lediglich in geringfügigem Umfang übertroffen haben. Ähnliches gilt für die Prognose für den Erlös und das Ebitda des laufenden Jahres und die Dividende. Sie entsprachen den Erwartungen, wie der Consensus Report der Deutschen Börse zeigt.
Es hätte schon einer nennenswerten positiven Überraschung bedurft, um eine positive Kursreaktion zu provozieren. Denn die Aktie des Marktbetreibers hatte sich zuletzt bereits positiv entwickelt. Mit einem Gewinn seit Jahresbeginn von 6,6 Prozent zählt sie zu den stärksten Titeln des Dax. Doch eben dies verweist auf einen Umschwung im Umfeld, der über die nächsten Jahre positive Impulse für das Unternehmen setzt. Ursache der überdurchschnittlichen Kursentwicklung ist nämlich die Beschleunigung der geldpolitischen Wende in den Industrieländern. Dadurch werden die Dollar-Zinsen beginnend voraussichtlich mit der Tagung der US-Notenbank Mitte März steigen, und selbst die Europäische Zentralbank verschließt sich seit Neuestem nicht mehr grundsätzlich einer Leitzinsanhebung noch im laufenden Jahr.
Für das Bankgeschäft der Deutschen Börse bedeutet das mittelfristig deutlich steigende Zinseinnahmen. Hinzu kommt die bereits durch die Zinserhöhungserwartungen eingetretene Belebung des Zinsderivatehandels. Laut dem Finanzvorstand Gregor Pottmeyer hat das Zinserhöhungssignal der EZB die Handelsumsätze um 60 bis 70 Prozent hochgetrieben. Auch die höhere Aktienmarktvolatilität bedeutet Rückenwind, nachdem der Erlös aus dem Aktienindex-Kontraktehandel im abgelaufenen Jahr aufgrund sehr niedriger Volatilität um 28 Prozent eingebrochen ist.
Für die Anteilseigner bedeutet das, dass sie zum einen weiter auf das anhaltend gute Erlös- und Ergebniswachstum des Marktbetreibers bauen können, das die zuverlässig funktionierende Mittelfriststrategie Compass 2023 liefert. Zum anderen kommt nun zyklischer Rückenwind hinzu, der das Wachstum des Erlöses und des Ergebnisses schrittweise zusätzlich antreiben wird. Den Aktienkurs dürfte das nicht nur nach unten absichern. Es wird ihm mittelfristig auch Aufwärtspotenzial verleihen.
hfs/re/ots/börsenzeitung/tt