Politik

USA und Großbritannien greifen Huthi-Stellungen im Jemen an

Huthi-Rebellen attackieren seit Wochen vom Jemen aus Handelsschiffe im Roten Meer. Die Seeroute ist für den Welthandel immens wichtig. Nun reagieren die USA, Großbritannien und Verbündete.

Die USA und Großbritannien haben mit der Unterstützung Verbündeter in der Nacht «erfolgreich» Stellungen der vom Iran unterstützten Huthi-Rebellen im Jemen angegriffen. Der Militärschlag sei eine «direkte Reaktion auf die beispiellosen Angriffe der Huthi» auf die internationale Schifffahrt im Roten Meer, teilte US-Präsident Joe Biden in einer schriftlichen Stellungnahme mit. Er werde nicht zögern, bei Bedarf weitere Maßnahmen anzuordnen. Die Bundesregierung steht hinter dem Militärschlag.

Seit Ausbruch des Gaza-Krieges zwischen Israel und der islamistischen Hamas greifen die Huthi immer wieder Schiffe mit angeblich israelischer Verbindung im Roten Meer an. Große Reedereien meiden zunehmend die Route. Die Huthi greifen Israel auch immer wieder direkt mit Drohnen und Raketen an. Eine Reaktion der USA, Großbritanniens und Verbündeten hatte sich zuletzt immer stärker angedeutet.

Nach Angaben der Huthi-Rebellen wurden bei den Angriffen fünf ihrer Mitglieder getötet. Sechs weitere seien verletzt worden. Die Angriffe trafen demnach die Hauptstadt Sanaa sowie die Provinzen Hudaida, Tais, Hajjah und Saada. Der Militärschlag werde nicht «unbeantwortet und ungestraft bleiben», drohten die Rebellen. Sie würden auch nach dem Militärschlag weiter Schiffe mit angeblich israelischer Verbindung im Roten Meer ins Visier nehmen.

Feuer und Rauch nach einem Luftangriff in der Nähe von Sanaa im Jemen. Foto: Uncredited/XinHua/dpa

Verbündete sprechen von gezieltem Militärschlag

Neben den USA und Großbritannien hätten sich auch Australien, Bahrain, Kanada und die Niederland an dem Militärschlag beteiligt, sagte ein hochrangiger Regierungsvertreter in Washington. Die Angriffe hätten sich auf jene Stellungen konzentriert, die für die Rebellen bei ihren Angriffen auf Handelsschiffe von besonderer Bedeutung seien, weil sie dort etwa Raketen, Radartechnik oder Drohnen lagerten. Ziel sei es gewesen, die Huthi zu schwächen, nicht aber, die Situation zu eskalieren, betonte er.

Die Angriffe der Rebellen auf die internationale Schifffahrt entbehrten jeder Grundlage und seien unrechtmäßig, sagte der Regierungsvertreter weiter. Der «wahllose Beschuss» von Schiffen habe auch nichts mit Israel zu tun – und selbst wenn, gebe es keine Rechtfertigung, Schiffe auf internationalen Gewässern anzugreifen. Die USA, Großbritannien und die Verbündeten hätten sich nach sorgfältigen Überlegungen und diplomatischen Bemühungen zu dem Schritt entschieden.

Auch der britische Premierminister Rishi Sunak sprach von «gezielten Angriffen». «Trotz der wiederholten Warnungen der internationalen Gemeinschaft haben die Huthis weiterhin Angriffe im Roten Meer durchgeführt, darunter auch gegen britische und amerikanische Kriegsschiffe, erst diese Woche. Dies kann nicht hingenommen werden», hieß es in einer von der britischen Nachrichtenagentur PA veröffentlichten Erklärung.

Das britische Verteidigungsministerium teilte mit, die verbündeten Streitkräfte hätten wichtige Huthi-Einrichtungen identifiziert. Die detaillierten Ergebnisse der Angriffe würden derzeit ausgewertet, aber es gebe Anzeichen dafür, dass man den Fähigkeiten der Huthi, die Handelsschifffahrt zu bedrohen, einen Schlag versetzt habe.

Verbündete: Militärschlag im Einklang mit UN-Charta

Laut einer gemeinsamen Erklärung erfolgte der Militärschlag im Einklang mit der UN-Charta. Er sei eine Reaktion auf die «illegalen, gefährlichen und destabilisierenden» Angriffe der Huthi auf Schiffe im Roten Meer und beruhe auf dem Recht der Selbstverteidigung, heißt es in der gemeinsamen Erklärung.

Die Bundesregierung steht nach Angaben von Bundesaußenministerin Annalena Baerbock hinter dem Militärschlag. «Die Reaktion hat unsere politische Unterstützung», sagte die Grünen-Politikerin nach einem Treffen mit dem Außenminister von Malaysia, Mohamad Hasan, in der Hauptstadt Kuala Lumpur. Die USA und weitere Partner seien gezielt begrenzt militärisch gegen die für die Angriffe auf die Schifffahrt im Roten Meer genutzte Infrastruktur der Huthi vorgegangen – «im Einklang mit dem individuellen und dem kollektiven Recht auf Selbstverteidigung der Charta der Vereinten Nationen», ergänzte die Bundesaußenministerin.

Russland beantragte wegen der Luftangriffe für heute eine Sondersitzung des UN-Sicherheitsrates. Das teilte die russische Vertretung bei den Vereinten Nationen in New York mit, wie die Agentur Interfax meldete. Die Sitzung solle um 15.00 Uhr Ortszeit in New York (21.00 Uhr MEZ) beginnen, schrieb die Vertretung auf ihrem Telegram-Kanal.

Iran übt scharfe Kritik

Der Iran verurteilte den Militärschlag scharf. Der Angriff sei eine klare Verletzung der Souveränität und territorialen Integrität des Jemen und ein Verstoß gegen das Völkerrecht, zitierte die staatliche Nachrichtenagentur Irna Außenamtssprecher Nasser Kanaani. «Diese willkürlichen Angriffe werden zu keinem Ergebnis führen, außer die Unsicherheit und Instabilität in der Region zu schüren.»

China rief alle Seiten zur Zurückhaltung auf. «China ist besorgt über die Eskalation der Spannungen im Roten Meer und ruft alle Beteiligten auf, Ruhe zu bewahren und Zurückhaltung zu üben», sagte eine Sprecherin des Pekinger Außenministeriums. China hoffe, dass alle betroffenen Parteien eine konstruktive und verantwortungsvolle Rolle bei der Aufrechterhaltung der regionalen Sicherheit und Stabilität im Roten Meer spielen werden.

Viel befahrene Schiffsroute

Etwa zehn Prozent des gesamten Welthandels laufen über das Rote Meer. Der Suezkanal verbindet das Mittelmeer mit dem Roten Meer und bietet damit die kürzeste Verbindung auf dem Seeweg zwischen Asien und Europa. Die Alternativstrecke um das südafrikanische Kap der Guten Hoffnung verlängert die Transporte um einige Tage.

Angesichts der zunehmenden Zahl von Angriffen hatte das US-Militär in der Region bereits Mitte Dezember seine Zusammenarbeit mit den Streitkräften anderer Länder verstärkt. An einer neuen Sicherheitsinitiative mit dem Namen «Operation Prosperity Guardian» beteiligen sich nach Angaben aus dem US-Verteidigungsministerium mehr als 20 Länder.

Huthi: USA und Großbritannien bezahlen hohen Preis

Die Huthi-Rebellen kündigten nach dem Militärschlag Rache an. «Amerika und Großbritannien werden bereit sein müssen, einen hohen Preis zu zahlen», sagte ein Vertreter der Rebellen laut dem Huthi-Fernsehsender Al Massirah. Der Jemen sei «einem massiven aggressiven Angriff amerikanischer und britischer Schiffe, U-Boote und Kampfflugzeuge ausgesetzt gewesen.»

Die Rebellen wollen auch nach dem Militärschlag weiter Schiffe mit angeblich israelischer Verbindung im Roten Meer ins Visier nehmen. Ziel seien weiter «israelische Schiffe oder solche, die die Häfen des besetzten Palästinas anlaufen».

Die schiitischen Huthi-Rebellen haben im Jemen in ihrem seit 2014 laufenden Aufstand weite Teile im Landesnorden eingenommen, und sie kontrollieren auch die Hauptstadt Sanaa. Die Rebellen werden vom mehrheitlich schiitischen Iran unterstützt.

Erst vor wenigen Tagen hatten die Huthi einen Großangriff mit Drohnen und Raketen auf Schiffe im Roten Meer durchgeführt. Wie das zuständige US-Regionalkommando mitteilte, wurden 18 Drohnen und drei Raketen von Einheiten der USA und Großbritanniens abgefangen. Die Attacke habe «den umfangreichsten Angriff der Huthis auf den internationalen Schiffsverkehr seit Mitte Oktober» dargestellt, hieß es am Mittwoch aus dem Auswärtigen Amt.

Großbritanniens Verteidigungsminister Grant Shapps hatte in den vergangenen Tagen immer wieder vor Konsequenzen gewarnt, sollten die Angriffe nicht aufhören. Der Kommunikationsdirektor des Nationalen Sicherheitsrats der USA, John Kirby, hatte gesagt, die Huthi müssten Konsequenzen dafür tragen, sollten sie ihre Angriffe nicht stoppen.

Nach Angaben aus Washington haben die Huthis seit dem 19. November mehr als zwei Dutzend Angriffe auf internationale Handelsschiffe im Roten Meer verübt – erstmals setzten sie dabei auch eine ballistische Antischiffsrakete ein. Mehr als 2000 Schiffe sind den Angaben nach bereits gezwungen worden, einen Umweg von Tausenden Kilometern zu nehmen.

hfs/re/dpa/tt

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