Politik

Türkisches Parlament stimmt Nato-Beitritt Schwedens zu

Von Mirjam Schmitt, Steffen Trumpf, Kathrin Lauer, Ansgar Haase

Es war ein politisches Tauziehen, doch nun hat das türkische Parlament den Beitritt Schwedens zum Verteidigungsbündnis abgesegnet. Nun richten sich alle Augen auf Ungarn – und erneut auf Erdogan.

Schweden ist der lang ersehnten Aufnahme in die Nato einen Schritt näherkommen. Rund 20 Monate nach Antragstellung und nach immer neuen Blockaden stimmte das türkische Parlament am Abend dem Beitritt des Landes zum Verteidigungsbündnis zu.

Nun muss Präsident Recep Tayyip Erdogan den Beschluss noch einmal unterschreiben und dann im Amtsblatt veröffentlichen. Das gilt als so gut wie sicher – mit Spannung wird aber erwartet, ob er die türkische Ratifizierung auch zeitnah abschließt. Zudem muss auch das Nato-Land Ungarn der Aufnahme Schwedens noch offiziell zustimmen. Alle anderen 29 Alliierten haben dies bereits getan.

Kristersson: Sind Mitgliedschaft einen Schritt nähergekommen

Die schwedische Regierung begrüßte die Entscheidung. «Heute sind wir einer vollständigen Mitgliedschaft in der Nato einen Schritt nähergekommen», schrieb Ministerpräsident Ulf Kristersson unmittelbar nach der Abstimmung in Ankara auf der Online-Plattform X. Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg rief Ungarn zum Nachziehen auf. Er zähle nun auch darauf, dass Ungarn seine nationale Ratifizierung so schnell wie möglich abschließe.

Die Bundesregierung nannte die Entscheidung «wichtig und richtig». Der anstehende Beitritt von Schweden wird, wie die bereits vollzogene Aufnahme Finnlands, das Nordatlantische Bündnis insgesamt weiter stärken», teilte Regierungssprecher Steffen Hebestreit mit.

Angesichts des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine hatte Schweden im Mai 2022 gemeinsam mit Finnland die Nato-Mitgliedschaft beantragt. Finnland wurde Anfang April vergangenen Jahres als 31. Mitglied im Bündnis willkommen geheißen.

Ob die Zustimmung der Türkei an Zugeständnissen in Verhandlungen über Rüstungsgeschäfte hängt, blieb zunächst unklar. Erdogan hatte die Zustimmung seines Landes unter anderem an Kampfjetlieferungen aus den USA geknüpft. Bisher fehlt dazu aber weiterhin die Zustimmung des US-Kongresses.

Deutliche Zustimmung im türkischen Parlament

Die Zustimmung zum Antrag Schwedens war in Ankara nun deutlich: 287 Parlamentarier stimmten am Abend in Ankara dafür, 55 dagegen, 4 Abgeordnete enthielten sich. Nur 346 von 600 Abgeordneten im türkischen Parlament nahmen an der Abstimmung teil.

Die Türkei hatte ihre Blockade auch immer wieder mit einem aus ihrer Sicht unzureichenden Einsatz Schwedens gegen «Terrororganisationen» begründet. Dabei geht es Ankara vor allem um die verbotene kurdische Arbeiterpartei PKK und die syrische Kurdenmiliz YPG. Ärger gab es zudem um die Genehmigung von Koranverbrennungen in Schweden, die auf scharfe Kritik aus Ankara stießen.

Nach verschiedenen Zugeständnissen aus Stockholm hatte Erdogan dann Ende Oktober angekündigt, die Zustimmung durch das türkische Parlament zu ermöglichen. Später knüpfte er die Ratifizierung jedoch daran, dass die USA moderne Kampfjets vom Typ F-16 an die Türkei liefern. Ungarn derweil störte sich an schwedischen Aussagen zur Rechtsstaatlichkeit und Korruption im Land.

Nun liegt es an Ungarn

Von Deutschland und den weiteren Bündnispartnern war die Blockade immer wieder kritisiert worden, in Schweden führte die Zeit der Ungewissheit angesichts der russischen Invasion in der Ukraine zu wachsendem Frust. Die Türkei und Ungarn unterhalten trotz der Invasion gute Beziehungen zu Russland und stehen den Sanktionen des Westens kritisch gegenüber.

Der ungarische Regierungschef Viktor Orban hatte stets betont, sein Land wolle nicht das letzte sein, das Schwedens Nato-Beitritt ratifiziert. Nachdem klar war, dass Ankara den Nato-Beitritt auf die Tagesordnung nimmt, erklärte Orban auf der Online-Plattform X, seinen schwedischen Kollegen Ulf Kristersson schriftlich zu einem Besuch in Ungarn eingeladen zu haben, um über die Bündnisaufnahme der Schweden «zu verhandeln».

Sollte Orban dabei letztlich seinen Daumen heben, dürfte die Ratifizierung im ungarischen Parlament nur noch Formsache sein. Allerdings kommt das Parlament in Budapest planmäßig erst wieder im Februar zusammen.

hfs/re/dpa/tt

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