Politik

Krieg gegen die Ukraine: So ist die Lage

Die Ukraine macht bei ihrer Gegenoffensive langsam Fortschritte. Dabei hilft die Unterstützung aus den USA. Aber auch ein anderer Partner plant neue Hilfen. Die News im Überblick.

Bei einem Drohnenangriff auf den Flugplatz der nordwestrussischen Stadt Pskow sind nach Behördenangaben mehrere schwere Armeetransportflugzeuge beschädigt worden. Die Armee wehre einen Angriff mit Drohnen ab, schrieb der Gouverneur des Gebiets Pskow, Michail Wedernikow, am frühen Morgen in seinem Telegram-Kanal. Er veröffentlichte ein kurzes Video, auf dem eine Explosion zu hören und Feuerschein über dem Flugplatz zu sehen war.

«Im Ergebnis der Drohnenattacke sind vier Flugzeuge Il-76 beschädigt worden. Es entstand ein Brand; das Feuer erfasste zwei Flugzeuge», sagte ein Vertreter der Rettungsdienste der staatlichen russischen Agentur Tass. Unabhängig überprüfbar waren die Angaben nicht.

Neben dem Großangriff auf Pskow wurden in der Nacht und am frühen Mittwochmorgen weitere russische Regionen von Drohnen angegriffen. In der westrussischen Stadt Brjansk nahe der ukrainischen Grenze sei dabei durch Trümmer das Gebäude der Ermittlungsbehörde beschädigt worden, meldete die Stadtverwaltung auf ihrem Telegram-Kanal. Nach Angaben von Gouverneur Alexander Bogomas wurden sechs Drohnen abgeschossen.

Russland wehrte unterdessen in der Nacht eigenen Angaben zufolge etliche weitere ukrainische Drohnenangriffe ab, darunter auch im Gebiet Moskau, in Brjansk und Orjol sowie in der Bucht von Sewastopol auf der Krim.

Moskau: Vier ukrainische Militär-Schnellboote zerstört

Im Schwarzen Meer hat ein Marineflugzeug der russischen Schwarzmeerflotte nach Angaben Moskaus vier ukrainische Militär-Schnellboote zerstört. An Bord sollen sich bis zu 50 Angehörige ukrainischer Spezialeinheiten befunden haben, teilte das russische Verteidigungsministerium am Morgen mit. Auch hier ließen sich die Angaben nicht unabhängig prüfen. Von ukrainischer Seite gab es dazu zunächst keine Bestätigung.

Die ukrainische Hauptstadt Kiew geriet derweil in der Nacht unter heftigen Beschuss durch russische Marschflugkörper. Berichten zufolge kam es über der Stadt zu heftigen Explosionen von Raketen der Flugabwehr gegen die anfliegenden Geschosse. In mindestens zwei Stadtbezirken fielen Raketentrümmer auf Gebäude, wie Bürgermeister Vitali Klitschko am Mittwochmorgen bei Telegram mitteilte. Mindestens zwei Menschen wurden getötet und zwei weitere verletzt.

Die Ukraine macht unterdessen bei ihrer Gegenoffensive im Süden des Landes Fortschritte und kann mit Nachschub an Munition aus den USA rechnen. Das US-Außenministerium kündigte zur Abwehr des russischen Angriffskriegs weitere Militärhilfe für 250 Millionen Dollar (rund 230 Millionen Euro) an. Heute, am 553. Kriegstag, wollen auch die EU-Verteidigungsminister in der spanischen Stadt Toledo über weitere Unterstützung für die Ukraine beraten.

In St. Petersburg wurde gestern der bei einem Flugzeugabsturz getötete Chef der Privatarmee Wagner, Jewgeni Prigoschin, unter Ausschluss der Öffentlichkeit beerdigt.

Feuerschein über dem Flugplatz von Pskow

Die Ukraine hat in den vergangenen Tage mehrere russische Militärflugplätze mit Drohnen angegriffen. Auf diese Weise wurde auf dem Fliegerhorst Solzy im Gebiet Nowgorod ein Langstreckenbomber vom Typ Tupolew Tu-22M3 (Nato-Code: Backfire) zerstört. Wegen des Angriffs aus Pskow, das dicht an der Grenze zu Estland liegt, wurde der Flugverkehr in der Region umgeleitet.

Nach vorläufigen Informationen gebe es keine Verletzten, schrieb Gouverneur Wedernikow. Der Flugplatz ist Standort von Militärtransportflugzeugen der russischen Armee. In der Stadt ist auch eine Fallschirmjäger-Division stationiert, die an der ersten Angriffswelle auf die Ukraine im Februar 2022 beteiligt war.

Unklar war, von wo die Drohnen gestartet wurden. Aus der Ukraine hätten sie eine Strecke von mindestens 800 Kilometern über russisches oder belarussisches Gebiet zurücklegen müssen. Nach dem Angriff auf Solzy vermuteten britische Geheimdienstler, die Drohnen seien von Sabotagetrupps in Russland gestartet worden.

Ukrainischer General: Wir drängen den Feind zurück

Die ukrainische Armee macht nach eigenen Angaben bei ihrem Vorstoß an der südlichen Front Fortschritte. «Wir drängen den Feind zurück», schrieb der Kommandeur der im Gebiet Saporischschja eingesetzten Truppen, Brigadegeneral Oleksander Tarnawskyj, auf Telegram.

Einzelheiten nannte er gestern nicht, doch haben ukrainische Truppen mit der Eroberung des Ortes Robotyne eine erste starke russische Verteidigungslinie durchbrochen. Sie greifen nach übereinstimmenden Berichten nun die nächste russische Linie an, die den Weg in die besetzten Städte Tokmak und Melitopol versperrt. Ziel ist, das etwa 90 Kilometer entfernte Asowsche Meer zu erreichen und die russischen Truppen voneinander abzuschneiden.

Neue Hilfen der USA

Das Paket der USA umfasst Munition für die Mehrfachraketenwerfer vom Typ Himars, Raketen für die Luftverteidigung und Artilleriemunition. Seit Kriegsbeginn Ende Februar 2022 haben die USA nach Angaben des Verteidigungsministeriums der Ukraine militärische Hilfe von mehr als 43 Milliarden US-Dollar (rund 39 Milliarden Euro) bereitgestellt oder zugesagt. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj dankte den USA und Präsident Joe Biden. «Artillerie. Raketen, Munition für die Himars, Minenräumgerät – das ist, was unsere Kämpfer brauchen», schrieb Selenskyj im sozialen Netzwerk X (früher Twitter).

Selenskjy erinnert an tote Soldaten

In seiner Abendansprache rief Selenskyj die Bürger und Bürgerinnen seines Landes zum Gedenken an die getöteten Soldaten auf. «Viele Ukrainer haben heute jemanden, an den sie sich erinnern, jemanden, den sie ehren», sagte er gestern, der in der Ukraine als Tag der Verteidiger begangen wurde. Um sich dieser Opfer würdig zu erweisen, solle jeder sich für die Ukraine einsetzen, sich um seinen Nächsten kümmern. «Die Ukraine muss siegen. Das ist für alle das Wichtigste», sagte Selenskyj in dem Video.

Die genauen Verluste der Ukraine an Menschen in den über 18 Monaten Krieg sind nicht bekannt. Die Zahl der getöteten Soldaten wird geheim gehalten. Doch nach Schätzungen sind sowohl Zehntausende Soldaten wie Zehntausende Zivilisten getötet worden. Im Land gibt es Millionen Binnenflüchtlinge, weitere Millionen sind ins Ausland geflüchtet.

Prigoschin in St. Petersburg beigesetzt

Über Ort und Zeit der Beisetzung des Söldnerführers Prigoschin war in Russland seit Tagen spekuliert worden. An mehreren Friedhöfen in seiner Heimatstadt St. Petersburg zog gestern Polizei auf. Schließlich teilte Prigoschins Pressedienst mit, nach einer Trauerfeier im engsten Kreis sei der 62-Jährige auf dem Friedhof Porochowskoje am Stadtrand beerdigt worden.

Schon vorher hatte der Kreml mitgeteilt, dass Präsident Wladimir Putin nicht an der Beerdigung seines einstigen Günstlings teilnehmen werde. Prigoschin hatte im Juni eine kurzlebige Meuterei gegen die russische Militär- und Staatsführung angezettelt, was Putin Verrat nannte. Vergangene Woche kamen Prigoschin und neun weitere Personen beim Absturz eines Privatjets ums Leben. Die Ursache ist unklar. Gemutmaßt wird, die Maschine sei gezielt zum Absturz gebracht worden.

Das wird heute wichtig

Die Verteidigungsminister der EU-Staaten beraten bei einem informellen Treffen über weitere Unterstützung für die Ukraine. Grundlage der Gespräche in Toledo sind unter anderem Vorschläge des EU-Außenbeauftragten Josep Borrell.

Er hatte im vergangenen Monat angeregt, das militärische Ausbildungsprogramm für die ukrainischen Streitkräfte deutlich auszuweiten. Wenn die Umstände es zuließen, könnte das Training schrittweise in die Ukraine verlagert werden. Zudem empfiehlt Borrell längerfristige Finanzierungszusagen für Militärhilfen und EU-Geld zur Lieferung von Kampfjets und Raketen.

hfs/re/dpa/tt

Cookie Consent mit Real Cookie Banner