Politik

Kreml warnt Ukraine davor, Putins Angebot auszuschlagen

Der Westen ist sich einig: Bei dem russischen Angebot für eine Waffenruhe handelt es sich um einen Diktatfrieden. Der Kreml empfiehlt der Ukraine, es trotzdem anzunehmen, denn besser werde es nicht, nur schlechter. Mit dem ukrainischen Präsidenten Selenskyj will Moskau allerdings nicht verhandeln.

Der Kreml hat den Druck auf die Ukraine mit der Drohung nach einer Verschärfung seiner Gebietsforderungen erhöht. Alle Friedensinitiativen von Präsident Wladimir Putin seien an die aktuellen Umstände an der Front gebunden, sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow. „Die Umstände für die Ukraine verschlechtern sich jedes Mal.“ Die Dynamik an der Front zeige, dass sich die Lage für Kiew weiter verschlechtern werde, sagte Peskow weiter. Ein verantwortungsvoller Politiker würde sich Putins Angebot daher durch den Kopf gehen lassen.

Die Aussagen des Kremlsprechers stammen aus einem Interview für das russische Staatsfernsehen, welches der kremlnahe Berichterstatter Pawel Sarubin vorab auf Telegram veröffentlichte. Putin hatte vor wenigen Tagen den völligen Abzug ukrainischer Truppen aus den von Russland besetzten Gebieten Cherson, Donezk, Luhansk und Saporischschja als Vorbedingung für eine Waffenruhe gefordert. Moskau beansprucht diese Gebiete ebenso wie die bereits 2014 annektierte Krim für sich, obwohl die russischen Truppen sie bislang nur zum Teil kontrollieren.

Die Ukraine hat die Forderungen des Kremls als absurd und manipulativ abgelehnt. „Putin strebt keinen Frieden an, er will die Welt spalten“, hieß es in einer Mitteilung des ukrainischen Außenministeriums. Es gehe ihm darum, sich in dem von ihm selbst ausgelösten Krieg als Friedensstifter darzustellen. Auch im Westen stießen Putins Forderungen weitgehend als „Diktatfrieden“ auf Ablehnung. Die Drohung Russlands, in der nächsten Verhandlungsrunde noch mehr einzufordern, dürfte die ukrainische Führung nur wenig schrecken. Nach Berechnungen des unabhängigen Internetportals Meduza würde Russland die vier beanspruchten Gebiete erst in 14 Jahren wirklich kontrollieren, wenn das Tempo der Eroberungen im Vergleich zu den vergangenen Monaten etwa gleich bleibt.

In dem Interview erklärte der 56-jährige Peskow zudem, dass der Kreml kein Interesse an einem Vertragsabschluss mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj habe. Dieser sei nach Ablauf seiner Amtszeit kein legitimer Vertreter Kiews mehr, behauptete der Kremlsprecher.

Die Ukraine konnte wegen des russischen Angriffskriegs und der Besetzung von Teilen des Landes keine Wahlen abhalten. Unter anderem besteht die Sorge, dass Wahllokale nicht vor russischen Raketenangriffen geschützt werden können. Nach Angaben ukrainischer Juristen deckt das Kriegsrecht den Verzicht auf die Wahl. Die von Moskau immer wieder vorgebrachte These, Selenskyj sei kein legitimer Präsident mehr, soll dazu dienen, innerhalb der Ukraine Unruhe zu stiften und die Glaubwürdigkeit Selenskyjs infrage zu stellen.

Zur Legitimität des eigenen Präsidenten äußerte sich Peskow in dem Interview augenscheinlich nicht: Putin führt Russland seit der Jahrtausendwende als Präsident oder Ministerpräsident an. Im März ließ sich der 71-Jährige bereits zum fünften Mal bei einer Scheinwahl im Amt bestätigen. Die Opposition wurde zuvor weitgehend ausgeschaltet oder ist wie im Fall von Alexej Nawalny tot. Eine Verfassungsänderung gibt Putin die Möglichkeit, 2030 erneut zu kandidieren und bis 2036 an der Macht zu bleiben.

hfs/re/dpa/tt

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