Finanzen

Instant Payments: Risiken für Zahlungsausfälle steigen

Wenn Banken Zahlungen künftig nur noch in Echtzeit abwickeln, lässt sich die eigene Liquidität kaum noch steuern. Fließt zu viel Geld ab, bevor neues eingeht, kann selbst ein kerngesundes Institut keine Zahlungen mehr ausführen. Das käme einem technischen Zahlungsausfall gleich, sagt Treasury-Experte Oliver Schwarz von PPI. „Wir müssen regeln, was passiert, wenn einer intakten Bank wegen Instant Payments für einen Moment die Liquidität ausgeht.“

Instant Payments erschweren europäischen Banken, ihre Liquidität richtig zu planen. Der Grund: Das Zentralbankkonto des jeweiligen Instituts wird sofort belastet, wenn Kunden etwas in Echtzeit bezahlen oder Geld überweisen wollen. Jeden siebten Auftrag wickeln die Banken inzwischen so ab. Künftig will die EU aber, dass normale SEPA-Zahlungen nur noch in Echtzeit disponiert werden. Den Instituten fehlt damit wertvolle Zeit, um während eines Tages ihr Zentralbankkonto ausgeglichen zu halten. Kommt es auch nur für einen kurzen Augenblick zu einem negativen Saldo, kann die Bank eingehende Aufträge nicht mehr erfüllen. Das bedeutet einen technischen Zahlungsausfall.

„Instant Payments heißt für eine Bank, ständig liquide sein zu müssen, auch nach Feierabend, am Wochenende und an Feiertagen“, erklärt Oliver Schwarz, Treasury-Experte bei PPI. „Fehldispositionen lassen sich praktisch kaum ausschließen. Darum müssen sich sowohl die Zentralbanken als auch die Ratingagenturen überlegen, wie sie damit umgehen, wenn ein Institut wegen Instant Payments kurzfristig in die Bredouille kommt.“

Anders als bei klassischen SEPA-Zahlungen können die Banken das Problem kaum selbst lösen. Bislang galt, dass das Geld an einem bestimmten Tag (Valuta) auf dem Zielkonto eingehen muss. In der Praxis war es deshalb möglich, kurzfristig für mehr Liquidität auf dem eigenen Zentralbankkonto zu sorgen oder Aufträge zurückzuhalten, bis frisches Geld beispielsweise durch Zahlungseingänge bereitsteht. Bei in Echtzeit verarbeiteten Zahlungen wird das Zentralbankkonto jedoch sofort belastet. Clearing und Settlement finden im gleichen Augenblick statt. Eine Bank hat keine Chance mehr zu reagieren, falls ausgerechnet zu diesem Zeitpunkt die nötige Liquidität fehlt.

Wenn sich die Banken auf Instant Payments vorbereiten, müssen sie erheblich mehr Geld als Puffer vorsehen, um einen Liquiditätsengpass zu vermeiden. Wie schwierig das ist, zeigt eine einfache Rechnung: Angenommen, eine Bank geht davon aus, dass ihr an einem Tag 100 Millionen Euro zufließen und 110 Millionen Euro abfließen. Im besten Fall laufen alle Eingänge ein, bevor die ersten Abgänge beauftragt werden. Zehn Millionen Euro Puffer würden ausreichen, um alle Aufträge korrekt zu erledigen. Geht das Geld aber erst ab, bevor etwas eingeht, müssen schon 110 Millionen Euro vorgestreckt werden. Oliver Schwarz fasst zusammen: „Instant Payments zwingt die Banken dazu, mehr Liquidität vorzuhalten und dafür auch höhere Kosten einzuplanen.“

Die Institute müssen noch genauer ihren Cashflow voraussagen, um sich aus dieser Zwickmühle zu befreien, so der PPI-Experte. Wenn es um monatlich wiederkehrende Zahlungen oder zu erwartende Ausgaben vor Weihnachten geht, dürften dafür die historischen Daten ausreichen. Banken sollten jedoch auch dafür sorgen, dass veränderte Parameter möglichst schnell in die Modelle einfließen. Dafür müssen sie ihre Kunden noch besser kennenlernen als ohnehin schon. Dennoch sieht Schwarz auch den Gesetzgeber am Zug. „Wenn wir einem an sich liquiden Institut wegen einer einmaligen Fehldisposition gleich die rote Karte zeigen, dürfte das an den Märkten für erhebliche Unruhe sorgen.“

Ein gangbarer Weg könnte sein, negative Salden auf einem Zentralbankkonto erst am nächsten Bankarbeitstag ausgleichen zu müssen. Ähnlich wie bei Privatkunden könnte eine geduldete Überziehung verbunden mit hohen Gebühren dabei helfen, klare und stabile Abläufe zu gewährleisten. Von den Ratingagenturen erwartet der PPI-Experte, dass sie ebenfalls über neue Regeln für Instant Payment Defaults nachdenken, um keine ungewollten Signale in den Markt zu senden.

hfs/re/ots/dpa/tt

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