Ex-Arbeitsagentur-Vorstände verurteilen Bürgergeld
Der Einkommensvergleich zwischen Geringverdienern und Bürgergeld-Empfängern sei für Erstere deprimierend, findet Heinrich Alt, bis 2015 Vorstandsmitglied der Arbeitsagentur. Während Preise und Bürgergeld kräftig stiegen, blieben die Löhne dahinter zurück. Selbst aus der SPD kommen kritische Töne.
Die früheren Vorstandsmitglieder der Bundesagentur für Arbeit Frank-Jürgen Weise und Heinrich Alt beklagen schwerwiegende Probleme beim Bürgergeld. „Es gibt in Deutschland 260.000 junge Menschen zwischen 25 und 45, die seit längerer Zeit nicht arbeiten, obwohl sie alle Kriterien für Erwerbstätigkeit erfüllen“, sagte Weise dem „Spiegel“. „Das ist in dieser Dimension nicht hinnehmbar.“ Weise war von 2004 bis 2017 Chef der Bundesagentur für Arbeit.
„Die Jobcenter sind wie gelähmt von Bürokratie“, sagte er. „Das System ist völlig intransparent. Es ist nicht mehr steuerbar.“ Gemeinsam mit Alt schlage er vor, die Jobcenter zu entlasten. Alt, der zwischen 2002 und 2015 im Vorstand der Bundesagentur saß, sagte, das Bürgergeld habe „ein Akzeptanzproblem“. Wer arbeite, aber wenig verdiene, frage sich: „Was bekommt ein Bürgergeld-Empfänger? Was bekomme ich?“
Der Vergleich, sagt Alt, sei für viele deprimierend. Zwischen 2021 und 2024 hätten Langzeitarbeitslose 26 Prozent mehr bekommen, die Löhne seien in dieser Zeit aber nur um knapp 12 Prozent gestiegen. Die Preise seien um 17 Prozent nach oben geschnellt.
Der SPD-Bundestagsabgeordnete Johannes Arlt aus Mecklenburg-Vorpommern sieht ebenfalls die Akzeptanz des Bürgergelds in Gefahr. „Keiner versteht, warum jemand, der bei Sonnenaufgang ins Bett geht und den ganzen Tag auf dem Sofa liegt, nur etwas weniger haben soll als einer, der zur gleichen Zeit in den Schweinestall arbeiten geht“, sagte Arlt dem Magazin. „Heute werfen mir meine Wähler vor, dass wir Faulheit tolerieren, obwohl überall Arbeitskräfte gesucht werden.“
hfs/re/dpa/tt