Eine reine Personenwahl/CDU-Amtsinhaber Daniel Günther hat dominiert.
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Das Kieler Ergebnis war weniger ein Erfolg für Merz – die SPD-Klatsche weniger ein Denkzettel für Scholz. Von Reinhold Zweigler
Ein Trend, den es schon bei der Saarlandwahl vor sechs Wochen gab, bestimmte jetzt auch das Ergebnis der Landtagswahl in Schleswig-Holstein. Beliebte Politiker oder Politikerinnen, die großes Vertrauen und Ansehen im Land genießen, machen das Rennen. Auch im Land zwischen Nord- und Ostsee wurden mehr die Personen, weniger vollmundige Wahlprogramme gewählt. Der weit über die CDU hinaus hoch angesehene Daniel Günther hat die Wahl in einer Weise dominiert, wie das viele kaum für möglich gehalten haben. Allerdings war das Kieler Ergebnis weniger ein Erfolg für den CDU-Bundeschef Friedrich Merz, der sich im Nord-Wahlkampf rar gemacht hatte und lieber nach Kiew gefahren war. Auch die deftige, historische Klatsche für die SPD war weniger ein Denkzettel für den zaudernden Kanzler Olaf Scholz in Berlin, sondern mehr die Quittung für einen verkorksten Wahlkampf mit einem kaum bekannten Verlegenheitskandidaten Thomas Losse-Müller. Höchst aufschlussreich ist nicht nur, dass der liberale, Brücken bauende Ministerpräsident mit seiner Partei kräftig zulegen konnte, sondern auch der gleichzeitige Zuwachs bei den Grünen. Dabei waren sich im Norden Konservative und Öko-Partei jahrzehntelang spinnefeind. Das änderte sich erst, als vor fünf Jahren der heutige Vize-Kanzler Robert Habeck und der damalige CDU-Verlegenheitskandidat Günther sozusagen über ihre politischen und ideologischen Schatten sprangen und zusammen mit den Liberalen ein Jamaika-Bündnis schlossen. Die Dreier-Koalition hat fünf Jahre weitgehend geräuschlos und vor allem erfolgreich das nördlichste Bundesland regiert. Stolpersteine, wie etwa der Ausbau der Windkraft oder der Autobahn A20, konnten weitgehend überwunden oder zumindest vertagt werden. Im Norden wurden schon frühzeitig etwa zwei Prozent der Landesfläche für die ökologische Stromproduktion mittels Wind ausgewiesen. Zudem war die Verständigung zwischen Grünen und FDP in Kiel, trotz riesiger politischer Differenzen, ein Moment, der sich auch auf das Zustandekommen der Berliner Ampel positiv ausgewirkt hat. Habeck nahm das Vertrauen, das er etwa zum FDP-Strippenzieher und der grauen Eminenz seiner Partei, Wolfgang Kubicki, aufgebaut hatte, gewissermaßen mit nach Berlin. Selbst wenn politische Programme nur schwer in Regierungskompromisse zu überführen sind, ist es enorm wichtig, ob die Akteure miteinander können oder nicht. Und das gilt beileibe nicht nur für Schleswig-Holstein. Der klare Wahlsieger Daniel Günther befindet sich mit dem jetzigen Ergebnis in der komfortablen Situation, den oder die künftigen Regierungspartner auswählen zu können. Er könnte mit den Grünen, aber auch mit den Liberalen regieren. Zudem wäre selbst die Fortsetzung einer Jamaika-Koalition denkbar. Schwarz-Grün an der Kieler Förde hätte den Charme, dass die beiden Wahlsieger die Geschicke das Landes bestimmen. Und in der Länderkammer, in der Kiel über vier Stimmen verfügt, würde sich mit einer solchen Regierung nichts ändern. Die Frage wäre vielmehr, ob CDU und Grüne die etwas dezimierten Liberalen wieder ins Jamaika-Boot holen sollten. Viel spricht nicht dafür. So wie das kleine Bundesland im Norden gezeigt hat, wie enorm wichtig Personen sind, so wenig taugt Kiel freilich als Fingerzeig auf die Landtagswahl im größten Bundesland, Nordrhein-Westfalen, wo am nächsten Sonntag der Urnengang ansteht. Weder der Laschet-Nachfolger und CDU-Amtsinhaber Hendrik Wüst, noch der SPD-Herausforderer Thomas Kutschaty sind Überflieger. In Umfragen liegt der SPD-Mann vorn. Doch das will nicht viel heißen. Verlöre die CDU in der Heimat des CDU-Chefs jedoch diese wichtige Landtagswahl, wäre das in der Tat eine herbe Klatsche für den Oppositionsführer im Bundestag, Friedrich Merz.
hfs/re/ots/mittelbayerische zeitung/tt