Politik

Ampel einigt sich auf Haushalt 2024 – Details offen

Das Bundesverfassungsgericht hat die Ampel-Regierung mit seinem Haushaltsurteil kalt erwischt. Fast vier Wochen brauchte sie für eine Lösung – und eine Nachtsitzung.

Nach tagelangen Verhandlungen haben die Spitzen der Ampel-Koalition eine Einigung über den Bundeshaushalt für 2024 erzielt. Am Mittwochmittag wollen sich Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), Vizekanzler Robert Habeck (Grüne) und Finanzminister Christian Lindner (FDP) in Berlin zu Details äußern. Für den Nachmittag ist nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur ein Koalitionsausschuss geplant.

Damit steht fast vier Wochen nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts eine Lösung der Haushaltskrise, die die Ampel-Regierung stark unter Druck gesetzt hat. Die Ampel-Spitzen hatten seitdem beraten, wie ein 17 Milliarden Euro großes Loch im Etat für das kommende Jahr gestopft werden kann. Außerdem ging es um die Finanzierung zahlreicher Investitionen in den Klimaschutz und die Modernisierung der Wirtschaft. Nach dem Urteil fehlen 60 Milliarden Euro im sogenannten Klima- und Transformationsfonds, die für die nächsten Jahre schon fest eingeplant waren – allein 2024 rund 13 Milliarden Euro.

Die Karlsruher Richter hatten eine Umwidmung im Etat von 2021 für nichtig erklärt und entschieden, dass die Bundesregierung Notlagenkredite nicht für spätere Jahre zurücklegen darf.

Einigung in Nachtsitzung

Am Dienstagvormittag waren Scholz, Lindner und Habeck erneut im Kanzleramt zusammengekommen, nachdem sie ihr Gespräch in der Nacht zuvor zum wiederholten Mal vertagt hatten. Später holten sie die Ampel-Fraktionschefs dazu, gingen selbst in ihre Fraktionen und zogen sich dann wieder im kleinen Kreis ins Kanzleramt zurück. Am Ende war offenkundig eine Nachtsitzung nötig. Die Einigung kam am frühen Mittwochmorgen, gerade rechtzeitig, damit Scholz um 13 Uhr seine Regierungserklärung abgeben und wohl auch noch am Abend nach Brüssel abreisen kann. Dort findet bis Freitag ein EU-Gipfel statt.

Sparbeschlüsse erwartet – und was ist mit der Schuldenbremse?

Zu welcher Lösung sich Scholz, Habeck und Lindner durchrangen, wurde zunächst nicht bekannt. Im Gespräch war unter anderem die Aussetzung der Schuldenbremse auch für das Jahr 2024 gewesen. Das Grundgesetz erlaubt in besonderen Notlagen eine höhere Kreditaufnahme. Eine solche Notlage könnte durch den Ukraine-Krieg gegeben sein, hatten SPD und Grüne argumentiert. Die FDP sah jedoch die rechtlichen Voraussetzungen dafür nicht. Die Union hat bereits angedeutet, bei einer Aussetzung der Schuldenbremse möglicherweise erneut vor das Bundesverfassungsgericht ziehen.

Ebenfalls debattiert wurde harte Sparrunden in verschiedenen Bereichen. Es könnten Hunderte Haushaltstitel angefasst werden, um die nötigen Milliarden zusammenzubekommen, hieß es.

Die FDP wollte vor allem Sozialleistungen und bestimmte Subventionen überprüfen. Umstritten war etwa die geplante Erhöhung des Bürgergelds. Kanzler Scholz schloss einen Kahlschlag bei Sozialleistungen aus – in der SPD hieß es aber zugleich, über die Zielgenauigkeit der Leistungen werde man sprechen müssen. Familienministerin Lisa Paus (Grüne) sagte am Mittwochmorgen im «Frühstart» von RTL/ntv, bei der Kindergrundsicherung gehe sie nicht von Abstrichen aus.

Die Grünen plädierten für einen Abbau klimaschädlicher Subventionen, zu denen nach ihrer Einschätzung etwa Steuervorteile für Diesel und Betriebe der Land- und Forstwirtschaft gehören. Das würde dem Staat mehr Einnahmen und dadurch mehr Spielraum bringen.

Auswirkung auf Strompreise?

Offen blieb zunächst auch, was aus einem milliardenschweren Bundeszuschuss zu Netzentgelten wird. Eigentlich wollten SPD, Grüne und FDP 2024 bis zu 5,5 Milliarden Euro zur anteiligen Finanzierung der Übertragungsnetzkosten zahlen. Die Netzentgelte sind ein Bestandteil des Strompreises.

Ohne den Zuschuss würden die Preise für Endkunden deutlich steigen, warnte der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) bereits. Das Vergleichsportal Verivox rechnet bei einer Familie mit einem Stromverbrauch von 4000 Kilowattstunden mit jährlichen Mehrkosten von rund 100 Euro.

Im Klima- und Transformationsfonds ging es unter anderem um Großprojekte wie die 10-Milliarden-Förderung für den Chiphersteller Intel. Scholz hatte im Vorfeld aber bereits deutlich gemacht, dass diese Gelder nach Möglichkeit trotzdem fließen sollen.

Haushaltsbeschluss im Bundestag für Januar angestrebt

Eigentlich wollte die Ampel-Regierung den Etat für 2024 unbedingt noch vor Jahresende beschließen, schon in der vergangenen Woche war aber klar, dass das wegen Beratungszeiten von Bundestag und Bundesrat nicht mehr gelingen wird. Nun könnte möglicherweise zumindest der Haushaltsausschuss des Bundestags seine Beratungen vor Weihnachten noch abschließen. Das hängt allerdings davon ab, wie umfangreich die von den Spitzenpolitikern vorgeschlagenen Etatänderungen sind. Im Januar könnte der Bundestag dann zur Haushaltswoche zusammenkommen und den Etat beschließen, danach der Bundesrat grünes Licht geben.

So lange würde eine sogenannte vorläufige Haushaltsführung gelten. Dann sind vorerst nur Ausgaben möglich, die nötig sind, um die Verwaltung aufrechtzuerhalten und rechtliche Verpflichtungen zu erfüllen. In der Praxis kann das Finanzministerium den Ministerien jedoch bewilligen, pro Monat einen Prozentsatz der Mittel des noch nicht verabschiedeten Haushaltsentwurfs zu nutzen.

hfs/re/dpa/tt

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